Du stellst meine Füße auf weiten Raum…(Ps 31,9)
Der Titel des Hungertuches der diesjährigen Misereor Fastenaktion lässt uns in der momentanen Situation vielleicht etwas stutzig werden. Häusliche Enge ist das, was die meisten Menschen zur Zeit erfahren und was sie nicht selten an ihre Grenzen bringt.
Die Sehnsucht nach „weitem Raum“ wird immer größer.
Werfen wir doch einmal gemeinsam einen Blick auf das Hungertuch, das sie auf der Titelseite der Pforte abgedruckt sehen und das auch die Fastenzeit über in unseren Kirchen hängen wird.
Die chilenische Künstlerin Lilian Moreno Sánchez hat das Röntgenbild eines vielfach gebrochenen Fußes verwendet. Der Fuß gehört zu einem Menschen, der bei Demonstrationen im Oktober 2019 in Santiago de Chile schwer verwundet wurde. Als Untergrund verwendete sie Bettlaken aus einem europäischen Krankenhaus und einem ehemaligen bayerischen Frauenkloster, um die körperlichen und die seelisch-spirituellen Aspekte von Krankheit und Heilung anzusprechen. Man erkennt feine eingenähte Goldfäden; sie sind wie Wundnähte, die nach dem Abheilen einer Verletzung sichtbar bleiben. Die schwarzen Linien des Röntgenbildes, die verwendeten Materialien Zeichenkohle, Staub und Erde sowie die karge Bildsprache verweisen auf die Passion Christi und die Passionen der Menschen; dagegen stehen Gold und Blumen für das kostbare Leben, für Hoffnung und Liebe.
Die Pandemie hat uns mit unserer Verwundbarkeit konfrontiert und Gewissheiten erschüttert. Wir mussten feststellen: Es ist längst nicht alles plan- und machbar. Die Corona-Krise hat aber auch sichtbar gemacht, was möglich ist, wenn Menschen in einer Situation der Be-drohung Verantwortung füreinander übernehmen.
Und auch immer haben die Menschen Zuflucht bei Gott gesucht und gefunden. Aus der Enge der Angst blickten sie hinaus ins Weite und schöpften Kraft für einen Neubeginn
Diesen wünsche ich ihnen und uns von ganzem Herzen
Heike Frerker – Gemeindereferentin